Über „16:9 – fürs Fernsehen in die Ferne“ von Elke Werry

Es war sage und schreibe im November 2014, als ich eine Mail im Posteingang hatte: Elke Werry, Dokumentarfilmerin aus Heidelberg, bietet ein Buch an. Zwölf Kapitel, reportageartige Texte mit Bildern von ihren Reisen und von ihren Dreharbeiten. China und Libyen, Nordkorea und Sri Lanka. Drehorte ihrer Filme, dazu Land und Leute, Orte und ihre Geschichte. Das Buch sei zu 85 Prozent fertig. Und ob wir eventuell mal darüber reden könnten.

Klar! Das Buchprojekt fand ich sofort super. Das Problem war nur das Bildmaterial. Viele Fotos von den Drehorten, Behind the Scenes-Material, Landschaftspanoramen, Personenporträts: Ein ganzes Coffee-Table-Book hätte das werden können. Aber erstens: Nicht in diesem kleinen Verlag, der, leiderleider, im stationären Buchhandel kaum vorkommt – und dicke Bildbände müssen haptisch erlebbar sein. Und zweitens: Viel zu teuer – das wären Edelbücher geworden, eher Deko-Gegenstand als Informationsmaterial, und das wollten weder Elke noch ich. Das Projekt wurde erstmal zurückgestellt.

Bis das Manuskript fertig war. Und Elke Werry den Plan hatte, den Text fast ohne Bilder sprechen zu lassen. Und ich das Manuskript gelesen hatte und nur zustimmen konnte. Denn die Reise- und Drehberichte sind so anschaulich geschildert, dass eine zusätzliche Bebilderung zwar möglich, aber nicht nötig war. Werry nimmt den Leser mit in abgelegene Weltgegenden, wir folgen ihren Film-Reisen durch China, sitzen mit ihr, Reinhold Messner und einer Kamera in einer mongolischen Jurte, reisen entlang der Küste von Ghana, wir frieren mit in der grönländischen Arktis und wandern durch die alte Römerruinen in Libyen – Leptis Magna, antike Großstadt. Weltkulturerbe – wie viele der Stätten, die Werry hier porträtiert.

Obwohl die Texte so locker-leicht für sich stehen, sind die einzelnen Kapitel abgegrenzt: Durch collageartige Fotos, die Elke aus Mitbringeln ihrer Reisen arrangiert hat – und die, Premiere im Mühlbeyer-Verlag, farbig abgedruckt sind …!

Man kann sich in das Buch ganz entspannt reinlesen, und im Lesen reist man um die Welt. Werry dreht seit über 30 Jahren Dokumentarfilme, aus fernen Ländern, für verschiedene Fernsehformate. Sie hat viel erlebt, sie hat sich in all den Jahren Notizen gemacht – um daraus, zusätzlich zu ihren Filmen und gleichzeitig quasi unabhängig davon, dieses Buch zu machen. Sie weiß, wie man Leser an ein Thema, an einen Ort heranführt, sie weiß, wann sie abschweifen kann, sie weiß, wo sie verweilen muss und wie sie vorwärts kommt in ihrem Text. Sie weiß, wie der Leser gefangen werden kann durch das Wort, das den Ort beschreibt. Und sie weiß, im Kleinen das Große zu beschreiben. Kommt von den Menschen auf die Kultur des Landes, kommt von den Drehorten auf die Geschichte der Gegend. Beschreibt Making of-ähnlich die Bedingungen der Dreharbeiten. Und erschafft so ein Buch, das Reisereportage und Drehberichte aufs Trefflichste vereint.

Harald Mühlbeyer

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