Über Henriette Nagel: Zukunft war gestern

Ich hatte kurz zuvor „Looper“ von Rian Johnson gesehen, als dieses Manuskript in meinem Posteingang landete. Und „Looper“ ist schon super; wenn Jeff Daniels diesen ganzen „Zeitreise-Mist“ verteufelt, der einem das Gehirn verdreht; oder wenn Bruce Willis gar nicht erst die verdrehten Logiken des Zeitreisekonzepts reden will, man hat schließlich anderes zu tun …

Henriette Nagel wendet sich nicht ab von der Zeitreiseproblematik. Nein: Sie hat sich eingehend beschäftigt beschäftigt mit den Paradoxa, die sich auftun (können), und mit Lösungsansätzen, wie das Unlogische wieder ins Logische gewendet werden kann.

Das Grundproblem: Wer zurückreist und etwas ändert, ändert damit auch seine Gegenwart, die ja linear aus dem Vergangenen erwächst. Und wer seinen Großvater tötet, wird selbst gar nicht geboren. Kann also auch keine Zeitreise unternehmen, um seine Zeugung zu verhindern, wird also geboren und verhindert wiederum – etc. Eine Endlosschleife, in der man feststeckt, sowohl der Zeitreisende als auch der Zuschauer. Das Gehirn auf Leerlauf auf höchsten Touren, gedankliche Kurzsschlüsse – die Gehirnwindungen krümmen und biegen sich bei dem, der beim Nachdenken in die Tiefe geht …

Aber natürlich gibt es Abhilfe. Einfachstes Stichwort: Paralleluniversum – es wird eine neue, parallele Zukunftswelt eröffnet. Andere Möglichkeit: Selbstkonsistenz – sprich: die Zeitreise war schon immer im (linearen) Weltenlauf eingeschrieben. Damit ist das logische Loch überwunden – mit allen Konsequenzen, die sich auch auf philosophischer Ebene in der Frage des freien Willens etwa auftun...

Henriette Nagel betrachtet viele klassische Beispiele des Zeitreisefilms, von Science Fiction über Action bis Drama und Komödie. Und sie untersucht die zugrundeliegenden Zeitreisemodelle, die die Paradoxa überwinden sollen – und die oft genug nur scheinbar eine Logik wiederherstellen...

Diese grundsätzliche Thematik einer komplizierten Materie schildert Nagel ganz leicht, sehr lesbar und überaus anschaulich – wo das Nachdenken zur Implosion der Logik führen kann, da wird in Nagels Aufschlüsselung alles klar. Sehr hilfreich dabei: Die zahlreichenselbsterstellten Grafiken, die sehr bildhaft Problematik und Lösungsmöglichkeit erläutern, die die Zeitreisen aufschlüsseln, Parallelwelten visualisieren und auf die Momente des möglichen Paradoxons hinweisen.

Looper ist nicht Teil der betrachteten Filme. Dafür diese:

  • „Die Zeitmaschine“ (1960)
  • „Planet der Affen“ (1968)
  • „Zurück in die Zukunft“ (1985)
  • „Peggy Sue hat geheiratet“ (1986)
  • „Bill und Teds verrückte Reise durch die Zeit“ (1988)
  • „Und täglich grüßt das Murmeltier“ (1993)
  • „Jumanji“ (1995)
  • „Twelve Monkeys“ (1995)
  • „Donnie Darko“ (2001)
  • „Timeline“ (2003)
  • „Butterfly Effect“ (2004)
  • „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ (2004)
  • „Deja Vu“ (2006)
  • „Die Frau des Zeitreisenden“ (2009)
  • „Star Trek“ (2009)

Harald Mühlbeyer

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