Über Moritz Rosenthal: Das Monster im Blick

Eine Einführung ins Horrorgenre, eine Einführung in die gängigen Theorien der feministischen Filmbetrachtung.

Ein Manuskript, das mich beim ersten Lesen zu heftigem Denken animiert hat.
Stichwort: Genredefinition. Das ist ein weites Feld, da kann man eine Menge schreiben, man kann heftig definieren und kontrovers diskutieren; man kann nach Kriterien, Wirkung und Zweck sortieren, kann die Produktions- mit der Rezeptionsseite kurzsschließen und Stil, Ausstattung, Personal oder erzählte Zeit mit einbeziehen – um dann wieder auf jeweils ganz verschiedene Antworten zu kommen auf die Frage, was denn nun ein Genre ist.
Moritz Rosenthal orientiert sich an Daniel Chandler, dessen Arbeit – sogar auf deutsch übersetzt – auch online verfügbar ist. Und Rosenthal bricht dabei die Genredebatte schön prägnant herunter – natürlich nicht als ultimativen Beitrag zum Diskurs, aber genug, um damit arbeiten zu können. Nämlich, um das Horrorgenre zu definieren. Mit bestimmten Merkmalen wie dem Übernatürlichen, dem Einbruch des Fremden, der Angstwirkung... Kurz und bündig...

Und das ist erst der einleitende Teil des Buches.

Ähnlich pragmatisch, dabei stets sehr exakt in der Arbeit mit seinen Quellen, stringent in der Argumentation und pragmatisch im Ausdruck fasst er im weiteren die grundlegenden Essays der feministischen Filmtheorie zusammen, immer in Hinblick auf den Horrorfilm, aber dabei allgemein genug, um sie auch allgemein nutzbar zu machen: Die body genres von Horror, Melodram und Pornofilm (wie sie Linda Williams im Essay Film Bodies: Gender,
Genre, and Excess beschreibt) werden als Basis genommen für die Theorien von Laura Mulvey (Visual Pleasure and Narrative Cinema), Linda Williams (When the Woman Looks), Carol J. Clover (Gender in Modern Horror Film) und Barbara Creed (The Monstrous-Feminine), die Rosenthal aufs Wesentliche konzentriert wiedergibt. Und damit im Grunde eine kleine Einführung in die feministische Sichtweise beim Filmbetrachten gibt – die für die moderne Filmtheorie, vor allem, aber nicht nur natürlich in Hinsicht auf den Genderdiskurs, essentiell sind.

Kurz: Grundlegendes zu Filmtheorie, Rezeptionsforschung und Genderdebatte als Basiskurs für den schnellen Einstieg. Zum Mit- und Weiterdenken, und als Ausgangspunkt für weitere Lektüre.

Womit Rosenthal bei seiner Manuskriptvorstellung mich aber dann vollends gepackt hat: Das ist der kleine Anwendungsteil im letzten Drittel des Buches, nämlich ein Blick auf Peter Jacksons famosen, irrwitzigen Film „Braindead“; als Jackson noch so richtig wilde Filme gedreht hat … Filme übrigens, die in Deutschland noch immer nicht in ihrer vollen Länge freigegeben sind... Dabei sind die Mittelerde-Monster ohne „Braindead“ ja gar nicht nicht denkbar; aber das ist wieder eine andere Geschichte... wie gesagt: Die männlichen Blicke und weiblichen Monster, die Rosenthal schildert, inspirieren zu fruchtbaren Gedankenflügen...

Harald Mühlbeyer

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