Über „Das große Buch des kleinen Horrors“ von Peter Vogl

Ich gehe ja sehr gerne in die monatlichen Grindhouse-Nächte im kommunalen Kino in Mannheim. Dort laufen all die originalen Bahnhofskinofilme der 60er, 70er und 80er: Horror und Italowestern, Blaxploitation und Frauengefängnisfilme und so weiter – das, was in längst vergangenen Zeiten zum Vertreib der Wartezeit in den Kinos in Bahnhofnähe gezeigt wurde. Vieles davon ist das, was man Trash nennen kann – Filme, die überambitioniert angegangen und dann sagenhaft versenkt wurden. Vieles ist aber auch nach den allgemeinen Maßstäben der Filmkunst vollkommen ansehnlich: Thriller, die spannend sind, Horrorfilme, die unter die Haut gehen, oder einfach Genrefilme aller Art, die viel erzählen darüber, wie damals Filme gemacht wurden, wie diese Filme in den Zeitgeist gestochen haben und wie sich dadurch in ihnen die kulturelle, gesellschaftlichen, politischen Umbrüche ihrer Entstehungszeit spiegeln.

In den 1980ern kam dann VHS auf. Und Videotheken. Und die brauchten Futter. Und findige Produzenten – sangwerma der Herr Charles Band vorneweg – dachten sich: Dann machenwers klein. Und ließen kleine Monster auf die Menschheit los – zumindest die Menschheit, die sich samstags aus der Videothek ihre Wochenunterhaltung an Thrill und Action suchten. Das Kleine hat Vorteile: Denn im Gegensatz zu Godzilla oder so was können kleine fiese Killer ja nun wirklich in jeder Ecke des Hauses lauern; rein theoretisch natürlich. Nicht unähnlich dem Slasher-Killer, der in der Nachbarschaft umgeht, nur halt als phantastisches Wesen von kleiner Gestalt. Und im Übrigen: Mit Aliens, Elfen, Kobolden, vor allem aber mit Mörderpuppen und Killerspielzeug lässt sich nebenbei auch ganz elegant auch die eigene Finesse im Herstellen von Spezialeffekten herausstellen…

Wobei: „elegant“;  „Finesse“; „Spezialeffekte“: Das ist ja fast schon zuviel gesagt. Denn eigentlich geht es wie bei allem, was vor allem über das Cover der Kassette (oder über das Kinoplakat zu Zeiten der Bahnhofskinos) an den Mann gebracht werden muss, um das große Versprechen. Ein Versprechen, das dann bei Sichtung des Filmes vielleicht nicht unbedingt gehalten werden muss. Wenn nämlich der Film scheiße ist, dann springt die ironische Rezeptionshaltung der Zuschauer an, er ist „so scheiße, dass er schon wieder gut ist“, und auch dann ist er ein Erfolg, wenn auch hintenrum.

 

Peter Vogl hat sich der kleinen Horrorwesen liebevoll angenommen. Von ihm stammt ja auch das Handbuch zum Vigilantenfilm Hollywood Justice, das ich im Jahr 2016 rausbringen durfte. Das war noch nicht mal richtig erschienen damals, als Vogl schon anfragte: Er hätte da diese Idee: Kleine Killermonster à la Chucky, die Mörderpuppe. Das ist ein eigenes Subgenre im Horrorfilm, und dieser Filme würde er sich gerne annehmen. Würden so ungefähr 100 Stück sein, zu jedem Film ein Bild des Monsters … Klar, hört sich interessant an! Und war auch interessant, als er mir die ersten 50 Filmen – die angebliche erste Hälfte – zuschickte. Sehr lustig geschrieben, was hab ich gelacht! Weil einiges halt so ein Krampf ist, und Vogl diesen Umstand auch sehr witzig und sarkastisch auf den Punkt bringt … Und dann wurden es immer mehr.

Letztlich: 181 Filme. Und 555 Bilder. Und daher eine noch größere Freude beim Lesen des ganzen Manuskriptes; für mich zumindest. Aber sicherlich auch für Sie, die Sie interessiert sind am ganz großen Kleinen.

 

Harald Mühlbeyer

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